All meinen lieben, regelmässigen Leserinnen, die sich wundern, was soviel bildloser Text heute soll, empfehle ich einen Blick auf den vielversprechenden Blog von Kathrin, die den heutigen Exkurs verschuldet hat. Inspiriert allerdings von Mrs. Little Edition, die mit ihrem Blog.Schreib.Work.Shop möglicherweise in den nächsten Monaten dafür sorgen wird, dass Euch hier längerfristig spannendere Texte erwarten als bloss "Hier seht Ihr das Stempelset X, das ich mit dem dazugehörigen Framelit Y ausgestanzt habe." Klar, man könnte auch mal ein total unpassendes Framelit nehmen. Das würde bestimmt auch Aufmerksamkeit erregen. Aber ich dachte, nach fast drei Jahren Bloggen arbeite ich jetzt mal am Text. Im 1. Kapitel (das ich - typisch für mich - übrigens mit Verspätung in Angriff genommen habe) ist ein Text zu Champagner, Käse oder Whisky gefragt. Keine Frage, wofür ich mich entschieden habe. Obwohl ich mir ein Leben ohne Käse beim besten Willen nicht vorstellen kann.
__________________________
Die ersten zwanzig Jahre meines Lebens fanden ohne Alkohol
statt. Dafür hatten meine Eltern CHF 1'000 ausgelobt und obrigkeitsgläubig wie
ich (damals?) war, habe ich mich auch daran gehalten. Eine Ausnahme gab es: Der
Champagner zu Silvester wurde ab dem zarten Alter von ungefähr 12 Jahren auch
mir Nesthäkchen erlaubt. Er stammte aus Aÿ in der Champagne (natürlich, woher
soll Champagner denn sonst kommen, auch wenn damals das inzwischen berühmte
Urteil soweit ich weiß noch nicht erstritten worden war) und war allein deshalb
besonders, weil mein Vater sich jeweils selber um den Import gekümmert hatte.
Es kursierten Geschichten von Weinfreunden (hier nicht etwa verstanden als gemeine Weinliebhaber, sondern als Mitglieder der
Schweizerischen Vereinigung der Weinfreunde),
die im Kleintransporter Importreisen unternahmen. Von Geschäften, über die man
ihn beziehen konnte. Und überhaupt war es aufregend, weil es eben Silvester
war. Gefeiert wurde mal zu Hause, mal in den Bergen. Immer mit Freunden. Und
stets wurde Lotto gespielt. Doch egal wie spannend das Spiel, wenn es gegen
Mitternacht ging, musste es unterbrochen werden. Die Gläser wurden in den
Tiefkühler gelegt oder auf die Terrasse gestellt. Es herrschte gespannte Ruhe - und dann wurde endlich die Flasche entkorkt. Ein Schauspiel für sich! Sprudelt
es über? Knallt der Korken gegen die Decke? Trifft er gar jemanden? Zitternd vor
Kälte – die Türen mussten ja offen sein, sonst hätte man eventuell die Glocken
zum Jahreswechsel verpasst – und dennoch von der Vorfreude gewärmt, schauten wir
andächtig zu, wie mein Vater die Kelche füllte, sorgsam bedacht, dass die
golden perlende Herrlichkeit die geschliffene untere Hälfte nicht überstieg. Von
10 zurückzählen. Anstoßen. Ein frohes Neues Jahr wünschen, sich ein wenig ängstlich fühlen ob dem Gedanken an die Geschehnisse, die selbiges für einen bereit haben könnte, und endlich, endlich
die Lippen ansetzen und das erste Mal kosten.
Ob er heute wirklich noch genauso schmeckt wie damals, ist
schwer zu sagen. Doch mich katapultiert der trockene, stark perlende und herbe Champagner
von diesem (inzwischen nicht mehr ganz so unbekannten und von mir mittlerweile
dreimal besuchten) Winzer in Aÿ noch heute in Bruchteilen von Sekunden zurück
in die Silvesternächte meiner Kindheit. Allein dafür müsste ich ihn lieben.
Wenn ich an all die Abende denke, die ich seither mit allen möglichen Arten von
trockenen Schaumweinen am Küchentisch, in gemütlichen Bars, bei schicken
Dinners oder anderswo zugebracht habe, kann ich nur sagen: Champagner, my love!
Da mögen die Weintrinker entgegnen, was sie wollen. Wenn Champagner mit
Kohlensäure versetzter schlechter Wein sein soll, dann kann das Leben gar nicht
lange genug sein, um schlechten Wein zu trinken!
__________________________
PS. Morgen gibt's wieder was zu sehen. Grosses Stampin' UP! Demonstratorinnenehrenwort. So gefüllt wie heute war meine diesbezügliche Pipeline nämlich schon lange nicht mehr. Stay tuned. Selbst wenn Ihr keinen Champagner mögt ;-)