...wo man die heimischen Spitzenköche trifft.
Der Zufall wollte es, dass just während unseres Aufenthalts in Abu Dhabi letzte Woche das Festival "Gourmet Abu Dhabi" stattfand. Und während wir es seit seinem Umzug nach Mannheim noch nie zu Juan Amador geschafft haben, so wäre es nun ein Leichtes gewesen, uns seine Kreationen in mehr als 4'000 km Entfernung von daheim zum Gaumen zu führen. Wir waren aber noch bequemer und haben uns für das in unserem Hotell stattfindende Cheese Dinner von Denis Martin vom gleichnamigen Restaurant in Vevey entschieden.

Geschniegelt und gekämmt bzw. in meinem Fall sogar mit neuem Haarschnitt versehen standen wir vergangenen Dienstag pünktlich um sieben Uhr vor dem Grand Ballroom, um festzustellen, dass die Uhren hier anders ticken. Jedenfalls war auch um halb acht Uhr erst eine Handvoll Gäste auszumachen und langsam wurden auch die leckeren - noch sehr bodenständigen - Häppchen ein wenig langweilig bzw. bekamen wir definitiv Lust auf mehr. Leider spazierte der Zeiger auch an acht Uhr vorbei und nichts geschah.
Entsprechend war die Stimmung schon ein wenig gedämpft, als die Türen zum Saal schliesslich doch noch geöffnet wurden und den Blick auf folgende Tisch- und sonstigen Dekorationen freigaben:
Das Hotel hatte sich wirklich Mühe gegeben, eine authentische Atmosphäre zu gestalten.
Der Chef selber sagte einleitend ein paar Worte zu seiner Philosophie, die unter anderem die Unterordnung der Ästhetik gegenüber dem Geschmack enthält und dem Gast ein freudiges, lustvolles und mitunter spassiges Erlebnis vermitteln wil.
Und dann ging's endlich los! Mit folgendem Menü:
Pizza Margherita auf Schaumbasis, wir waren gespannt! Ich fand's eigentlich ganz lecker, Andrea eher langweilig. Was bei Pizza Margherita an sich ja auch kein Wunder ist ;-)
Als zweiter Gang wurde eine Rosette vom Tête de Moine mit Erbsensorbet an Austernjus mit Minze und Koriander sowie einem auf der Karte leider vergessenen Fisch gereicht. An unserem im Übrigen sehr netten Tisch mit einem libanesischen, einem französischen und einem einheimischen Paar gingen die Meinungen auseinander, ob es sich dabei um Lachs oder Thunfisch handelte. Ein geschmacklich tolles Erlebnis war das Erbseneis, ansonsten war diesmal Andrea begeistert, ich nicht so sehr.
Nach dem zweiten Gang ist dem Service - oder der Küche? - leider der Super-Gau eines Menüs mit korrespondierenden Weinen passiert: Es wurden die Gänge vertauscht! Und so assen wir zum chaotisch hergerichteten und geschmacklich aufgrund der Umtauschverwirrung nur bedingt genossenen Blumenkohl mit weisser Schokolade, Himbeeren, Wasabi und Langre Käse den letzten der Weissweine und fragten uns...
...später beim Moitié-Moitié-Fondue mit Tomatenbrot, was wir mit dem ersten Roten machen sollten... Das Fondue war für mich eines der Highlights des Menüs. Hier stimmte nicht nur der exzellent getroffene Geschmack, sondern auch die Ästhetik des unverkennbaren Fondue-Cacquelons. Schön auch der Kontrast zwischen der etwas kompakteren und festeren Konsistenz des "Griffs" (pardon, des Tomatenbrots) und der leichten Fluffigkeit des Fondues. Ein Rätsel blieb nur, wieso gerade die Rote-Kreuz-Dekoration Alkohol enthielt und daher für unsere einheimischen Tischnachbarn nicht zu geniessen war.
Der "Hauptgang" wurde mit einem Zimtduft verbreitenden Spektakel eingeläutet. Im Übrigen beachte man rechts und links des Topfs die beiden Kühe auf der Dose, die bei einer Umdrehung lautstark muhten. Ein Gag, der angeblich in Vevey statt Blumen auf den Tischen steht.
Bei soviel Faszination und Zimtbetörung vergassen wir glatt, die Pfeffer-Artischocke mit Rindfleisch und Roquefort in ihrem Ausgangszustand abzulichten. Aber ausser dass die Hälfte fehlt, ist glaub ich noch ganz gut nachvollziehbar, worum es ging. Vom Geschmack her fühlte es sich etwa so differenziert an, wie es aussieht und besonders viel war es - wie bei den Molekularköchen üblich - ebenfalls nicht...
...und dies, obwohl beim nächsten Auftragen bereits der letzte Gang des Menüs auf dem Programm stand: Mascarpone und Ingwer. Der leicht kühlende Inwer knackte und kräuselte im Mund und gab dem Abend einen versöhnlichen Schliff. Allerdings war uns zu dem Zeitpunkt klar, dass das Mahl damit zu einem Ende kam! Immerhin wartete gemäss Karte noch Einsteins Tochter auf uns!
Diese entpuppte sich allerdings bald darauf als aus zwei ineinander aufgepusteten Luftballons bestehende Installation, die zwar nett anzusehen, aber definitiv nicht zu verspeisen war. Ballon Nr. 2 ist hier noch in Nr. 1, war schwarz und wurde am Ende vom Chef persönlich mit einer Nadel aufgepiekst.
Alles in allem ein sehr interessantes Erlebnis, das aus unserer Perspektive derzeit jedoch nicht nach einer Wiederholung schreit. Während im Restaurant am Genfersee eine schier unendliche Speisenfolge serviert wird, mussten wir im Rahmen von Gourmet Abu Dhabi mit sieben bzw. eigentlich sechs Gängen Vorlieb nehmen und es kam ein wenig das Verlangen auf, den internationalen Gästen glaubhaft zu erklären, dass diese experimentelle Küche "bei uns" nicht das Übliche ist und dass auch wir nach Genuss des ganzen Menüs eigentlich noch ein wenig hungrig sind ;-)